© Anton Prock 2022
Anras (Osttirol
Pfleghaus und
Pfarrkirche
Gericht, Sommersitz der Brixner
Bischöfe
Früher verlief die Landstraße nicht im
Talboden, sondern auf der Anhöhe. Anras
war bis 1806 Sitz des Bischöflichen
Gerichts Brixen und zeitweise auch
Sommersitz der Brixner Bischöfe.
Aus Asch stammt Ritter Florian Waldauf
zu Waldenstein, der vom Sohn eines
Bergbauern zu einem der engsten Berater
Kaiser Maximilians I. aufstieg und eine
Reliquiensammlung anlegte, die teilweise
noch in der Waldaufkapelle in der
Pfarrkirche Hall in Tirol erhalten ist.
Das Gericht war im Pfleghaus (auch als “Schloss”
bezeichnet) untergebracht, das mit der alten und
der neuen Pfarrkirche ein gut erhaltenes Ensemble
bildet. Im Zuge des Kirchenneubaus wurde auch
der im Kern mittelalterliche Hof, der zu den
bedeutendsten Profanbauten Tirols zählt, 1757
barock umgestaltet. Erhalten sind zwei schön
getäfelte Stuben mit Kachelöfen aus dem 18. Jh.
Vor dem Haus steht noch eine alte “Gerichtslinde”.
Eine Kirche lässt sich schon im 5. Jh. nachweisen.
Reste einer alten Kirche aus dem 13. Jh. sind noch zwischen dem
Pfleghaus und der neuen Kirche zu finden.
Die heutige große
spätbarocke Pfarrkirche zum
hl. Stephanus wurde 1753-
1756 vom Priester und
Hobbyarchitekten Franz de
Paula Penz erbaut. Der aus
Steinach am Brenner
stammende Maler Martin
Knoller schuf das Fresko auf
der Eingangsfassade mit der
Darstellung des hl. Stephanus sowie die Deckenbilder im Inneren. Es
handelt sich um das erste, große, selbständige Werk von Knoller, datiert
1754.
Im Langhaus ist die Aufnahme des hl. Stephanus in den Himmel,
verbunden mit der Auffingung seines
Grabes, dargestellt, wobei der
Kirchenpatron von zahlreichen
Heiligen umgeben ist. So sind dort
etwa die hl. Notburga, der hl. Isidor,
die hl. Katharina, die hl. Margarethe
und viele andere zu sehen. Besonders
gut gelungen sind Knoller die gemalten
Scheinarchitekturen, die Tiefe
vortäuschen sollen. Der Aspekt der
Täuschung bzw. der Illusion ist für den
Barock sehr wichtig.
Im Altarraum ist an der Decke die
Verehrung der Eucharistie abgebildet.
Der Hochaltarbild mit der Steinigung
des hl. Stephanus, ebenfalls ein Werk
Knollers, wird von den Figuren der hll. Petrus und Paulus eingesäumt.