© Anton Prock 2022
Nauders
Altfinstermünz
Grenz- und
Zollstätte
Der Inn als Barriere
Früher verliefen Grenzen meist nicht
über Pässe, sondern entlang von
Engstellen, Bächen und Flüssen. In
Altfinstermünz, steil unterhalb von
Nauders gelegen, bildet der reißende
Inn eine schluchtartige Talenge. Hier
war der strategisch und wirtschaftlich
wichtige Weg zwischen dem Inntal,
dem Vinschgau und dem Engadin sehr
gut kontrollierbar und geschützt. Davon
zeugen noch die Reste einer der
bedeutendsten Grenz- und
Zollstationen Tirols.
Schon die Römerstraße Via Claudia
Augusta (ca. 45 n. Chr.) führte in diesem Bereich über den Inn. 1159 wird
ein Wald von Finstermünz, 1263 eine Höhlenburg erwähnt. Ab ca. 1300
gibt es Berichte von der Einhebung einer Maut. Erzherzog Sigmund der
Münzreiche ließ um 1470 die Anlage ausbauen, die dann im
Engadinerkrieg von 1499 ein wichtiges Bollwerk darstellte. Die Errichtung
des Klausenturms um 1502 fällt in die Zeit Kaiser Maximilians. 1604
entstand die Kapelle.
Die Anlage bestand aus einer Brücke
mit einem Pfeiler und dem
Brückenturm, der Zollstätte
Sigmundseck auf der Anhöhe über
einer Höhlenburg, einem
fünfgeschossigen Klausenturm als
Straßensperre sowie einer Kapelle.
Straße und Befestigungsanlagen waren
zusätzlich durch eine Sperrmauer mit
Fenstern und Schießscharten entlang
des Berghangs gesichert.
In den letzten Jahren kümmerte sich
der Verein Altfinstermünz um die
Renovierung dieses wertvollen
Kulturobjekts. Im Rahmen von
Führungen erhält man einen ausgezeichneten Einblick in die frühere
Bedeutung des Ensembles.
Eine der wichtigsten
Durchzugsstraßen Tirols vom
Süden nach Norden - von Italien
nach Deutschland bzw. in die
Schweiz - führte hier durch. Vom
Reschenpass gelangte man nach
Nauders, von wo die Straße steil
zum Inn abstieg. Über die Brücke
führte sie weiter auf die linke
Innseite, wo auf Schweizer Gebiet noch ein schmaler Geländestreifen zu
Tirol gehörte. Die Straße begleitete hier den Inn bis Pfunds. Erst 1854
wurde die neue Reschenstraße in das steile Felsgelände auf der rechten
Innseite gebaut. Damit verlor Altfinstermünz als Zollstätte seine
Bedeutung.
Altfinstermünz ist mit dem Auto nicht
direkt erreichbar, doch es gibt
verschiedene Wanderwege:
1. Vom Parkplatz Gasthof
Kajetansbrücke (Bundesstraße 180 bzw.
184, südwestlich von Pfunds) über das
Zollamt Kajetansbrücke unterhalb der
Engadinerstraße (Schweiz) entlang des
Inns,
2. vom Parkplatz Vinadi (Schweiz) als
direkter Abstieg (steil),
3. vom Gasthaus Hochfinstermünz an
der Reschenbundesstraße (Österreich),
4. von Nauders auf direktem Weg.
Für alle Wege sind feste Schuhe
notwendig.
Verkehr über den Reschenpass
Der sogenannte “Obere Weg” führte
von Altinum bei Venedig über die
Valsugana - Trient - das Etschtal - den
Vinschgau - den Reschenpass - Nauders
- Altfinstermünz - Landeck - Imst - den
Fernpass - Füssen nach Augsburg. Er
verband Norditalien mit dem
Donauraum - zwei wirtschaftlich sehr
bedeutende Gebiete. Ab der Mitte des
12. Jh. blühten Handel und Verkehr auf.
Reisende waren vor allem Soldaten,
Boten, Pilger, Händler, König und Kaiser
mit Gefolge, aber auch Studenten und
fahrendes Volk.
Grundsätzlich ging man im Mittelalter
zu Fuß, der Mensch trug seine Lasten
selbst. Für schwere Güter boten sich
Esel, Maultiere und Pferde an. Der
Transport mit Saumtieren (eine
Saumlast betrug ca. 150 kg) konnte
auch auf schmalen und steilen Wege
bewerkstelligt werden. Im 14. Jh. waren
die Straßen so weit fertig, dass die
Saumtiere von Wagen abgelöst werden
konnten. Die Tagesstrecken betrugen
zwischen 20 und 40 km, je nach der
Beschaffenheit des Geländes. Da beim
Reschenpass keine Lawinengefahr
drohte, konnte er auch im Winter
befahren werden, in erster Linie mit
Schlitten. Gasthöfe, Herbergen,
Hospize, Klöster etc. boten Gelegenheit
zum Nächtigen.
Im Binnenverkehr wurden vor allem
Wein aus dem Süden, Salz aus Hall
sowie Getreide aus Bayern
transportiert, im Fernhandel aber auch
Stoffe, Schmuck, Südfrüchte, Öl,
Gewürze, Porzellan, Glas etc. Vieles
davon gelangte auf dem Seeweg von
Indien und China über Venedig und
Genua nach Italien.
Für die Fuhrwerke musste immer
wieder Zoll oder Maut bezahlt werden.
Dafür hatten die Landesfürsten für die
Erhaltung der Straßen zu sorgen.