© Anton Prock 2022
Rattenberg
Ehemaliges
Augustiner-
kloster
Religiöse Kunst des Tiroler
Unterlands
Rattenberg ist nach
der Anzahl der Häuser
und der Größe der
Grundfläche die
kleinste
mittelalterliche Stadt
Österreichs. Wie
kaum eine andere
Tiroler Stadt hat
Rattenberg sein
mittelalterliches
Stadtbild bewahren
können. Dazu gehören die typischen Inn-Salzach-Häuser mit den Graben-
und Muldendächern, enge Gassen, ein eigener Burgbereich, ein Kloster,
die Pfarrkirche und ein ehemaliges Spital am Stadtrand, zahlreiche
Gasthäuser (von denen nur mehr wenige erhalten sind), Geschäfte,
Geschäfte etc. Ein Rundgang durch Stadt und Burgbereich ist ein Erlebnis.
Bis 1504 war Rattenberg bayerisch.
Damals konnte Kaiser Maximilian I.
die Gerichtsbezirke Kufstein,
Kitzbühel und Rattenberg im Zuge
des bayerisch-pfälzischen
Erbfolgekriegs für Tirol erlangen.
Eine Besonderheit stellen die
zahlreichen Glasgeschäfte mit
ihren edlen Glasprodukten dar.
Das ehemalige Kloster der Augustiner-Eremiten wurde 1384 gegründet
und 1782 aufgehoben. Von 1817 bis zur Auflösung im Jahre 1970
betreuten es die Serviten. Heute ist dort das Augustinermuseum
untergebracht - eine große Kostbarkeit mit zahlreichen kirchlichen
Kunstwerken aus dem Tiroler Unterland. Rattenberg als Zwischenstation
des Ost-West-Verkehrs sowie der Innschifffahrt sowie der Bergbau
brachten viel Geld, was sich auch in der Herstellung von Kunstwerken
zeigt. Einige exemplarische Beispiele dieses sehenswerten Museums
sollen hier aufgezeigt werden.
In der Ecce-homo-Kapelle zeigt der Altar den gegeißelte und
dornengekrönte Jesus mit dem Krönungsmantel und einem Schilfrohr als
Szepter Der römische Stadthalter Pilatus stellte
dem Volk den schuldlos gemarterten Jesus mit
den Worten “Ecce homo” (”Das ist ein Mensch. -
Sehet, welch ein Mensch.”) vor. Aber die Juden,
die Hohenpriester und ihre Anhänger forderten
seine Kreuzigung. 1707 soll die Figur die Zunge
bewegt haben, was als Wunder angesehen
wurde. Doch es handelt sich um eine
Gliederpuppe, welche Arme, Kopf und Zunge
bewegen konnte. Vielleicht stammte sie von
einem Mysterienspiel.
Eine beliebte Darstellung der Maria mit dem
Jesuskind ist jene der Mondsichelmadonna aus
der Zeit 1460/70. In der Lauretanischen Litanei
und im Hohelied Salomos wird Maria in ihrer überirdischen Schönheit mit
Sonne und Mond verglichen. In der Apokalypse
des Johannes (Kap. 12) hat Maria die
Mondsichel zu Füßen, den Sternenkranz um das
Haupt und ist vom Sonnenglanz umgeben.
Der Halbmond zu ihren Füßen ist ein
heidnisches Symbol und steht für Keuschheit.
Der Mond hat in der altorientalischen
Astronomie mehr Bedeutung als die Sonne, er
gilt als Zeitmaß. Für den weiblichen Zyklus ist
der Mondmonat von Bedeutung. Der Mond ist
aber auch Symbol der Fruchtbarkeit und des
Lebens: Geburt - Tod, Zunahme - Abnahme als
Zeichen des ewigen Werdens und Vergehens.
Manchmal kann sich im Mond auch ein Kopf
befinden, der das Böse symbolisiert, das durch
Maria überwunden wird.
Manchmal hält Maria oder das Jesuskind einen
Apfel oder eine Feige oder eine Birne in der
Hand - einerseits Symbol der Sünde und des
Todes (Eva und der Apfel vom Baum der Versuchung im Paradies),
andererseits Sinnbild der Fruchtbarkeit und des Lebens. Maria wird dabei
als “Neue Eva” gesehen, sie hat durch die Geburt ihres Sohnes die
Erbsünde überwunden und das ewige Leben ermöglicht.
Bruderschaften waren kirchliche Vereine, die sich um ihre Mitglieder in
religiösen und sozialen Belangen kümmerten. Sie belebten das religiöse
Leben, boten Hilfe in Notlagen, errichteten Krankenhäuser, sorgten für die
Bestattung von Toten etc. Als Würdezeichen trugen sie Bruderschaftsstäbe
und hatten eine würdige Kleidung. Entlang des Inns bestanden
Schifferbruderschaften, so etwa jene in Langkampfen, von der noch zwei
Bruderschaftsstäbe erhalten sind. Sie zeigen jeweils ein auf den Stab
aufgesetztes Schiff mit aufgebogenem Bug und Heck. Dort sind Maria mit
dem Kind sowie die beiden Wasserheiligen Johannes Nepomuk und
Nikolaus zu sehen.
In der spätgotischen Hofer-
Kapelle erinnern die
Wappen von Hans
Kummersbrucker und
seiner Frau Anna von
Castelbarco an die
Klostergründer. Ihr Grab,
übrigens mit dem ältesten
Bildnisgrabstein Tirols, ist
in der barocken
Klosterkirche zu finden.