© Anton Prock 2022
Hall in Tirol
Königliches
Damenstift
Stiftung der Habsburger
Versorgung für adelige Damen
Im Südosten des mittelalterlichen Kerns
der Salzstadt Hall in Tirol ist mit dem
Königlichen Damenstift und der
ehemaligen Jesuitenkirche ein geistliches
Zentrum entstanden.
1567 wurden von den unverheirateten
Habsburger Erzherzoginnen Magdalena,
Margarethe und Helena, Schwestern
des Tiroler Landesfürsten Erzherzog
Ferdinands II., das Königliche Damenstift
gegründet. Dort konnten sie sich
zurückziehen, sich einem geistlichen
Leben widmen, und waren damit
versorgt. An der Stelle befand sich
vorher die landesfürstliche Münzprägestätte, die dann in die Burg Hasegg
verlegt wurde. Zur geistlichen Betreuung wurden die Jesuiten geholt, der
Kirche und einstiges Kollege an das Damenstift gegen Norden anschließen.
Die Stiftskirche wurde
1567-1570 von Giovanni
Lucchese erbaut und
erhielt später im Inneren
prächtigen Stuck nach
Münchner Vorbild (1629-
1636). Der reich bemalte
Turm erhielt seine
heutige Gestalt nach dem
großen Erdbeben von
1670. Die Stiftsanlage
selbst besteht aus einem zweigeschossigen Rechteck mit Renaissance-
Kreuzgang.
Kaiser Joseph II., Sohn von
Nachfolger Maria Theresias,
löst das Stift 1783 auf. Das
Gebäude erhielt verschiedene
Aufgaben, u. a. diente es im 19.
Jh. als Spital. 1912 übergab der
Thronfolger Franz Ferdinand
das Stift an den geistlichen
Orden der Töchter vom Herzen
Jesu. Die heutigen Nonnen
leben sehr streng,
kontemplativ und abgeschieden von der Außenwelt. Sie widmen sich der
Verherrlichung des Herzens Jesu und der Marienverehrung.
Neben kulturellen Aktivitäten widmeten sich die Damen auch der Alten-
und Krankenpflege. Sie richteten
ein Gymnasium und eine
Musikschule ein, allerdings nur
für Knaben. In diesem Gebäude
befindet sich heute die
Volksschule am Stiftsplatz.
Zudem vergaben sie zahlreiche
Aufträge an die Künstler der
Umgebung. Gerade das Haller
Musikleben erfuhr durch sie
großen Aufschwung.
Wer die Kirche besucht, wird dort
immer Stiftsdamen bei der
Anbetung des Allerheiligsten
finden.
Strenge Hausordnung im Damenstift
Das Leben im königlichen Damenstift
war durch eine strenge Hausordnung
geregelt.
•
Tagesablauf: Tagesbeginn 5 Uhr
früh, Tagesende 21.30, sechs
Stunden Gebet täglich, dazu
Betrachtung, Arbeit und Erholung
•
Die Stiftsdamen mussten die
häusliche Arbeit selbst erledigen
und hatten kein Dienstpersonal.
•
Strenge Klausur, kein Mann - auch
nicht Vater oder Bruder - gelangte
ins Kloster.
•
Freizeit: Gespräche, Spaziergänge,
Spiele, jedoch kein Karten-, Würfel-
oder Geldspiel.