© Anton Prock 2022
Volders
Kirche zum
hl. Karl
Borromäus
Fremdländisch anmutendes
Bauwerk neben der Autobahn
mit farbenfrohem Kuppelfresko
von Martin Knoller (1765/66)
Direkt neben der Autobahn steht
zwischen Hall in Tirol und Wattens in
der Gemeinde Volders die
“Karlskirche”, die Kirche zum hl. Karl
Borromäus. Sie gehört zum
gleichnamigen Kloster der Serviten
und fällt schon allein wegen ihres
ungewöhnlichen Aussehens auf. Einst
führte hier eine Brücke über den Inn,
weshalb man auch gerne von der “Bruggnkirche” spricht.
Der Gelehrte und Haller Damenstiftsarzt Dr. Hippolyt Guarinoni ließ das
Gotteshaus zwischen 1620 und 1654 im Stil des Manierismus errichten
und schuf auch die Pläne dazu.
Die Kirche ist dem hl. Karl Borromäus
(1538-1584), Erzbischof und Kardinal
von Mailand, geweiht. Guarinoni soll
als Kind an seinem Hof gewesen sein.
Der reiche Kardinal verschenkte sein
Vermögen und widmete sich den
Pestkranken in Mailand. Als Attribute
hat er ein Kreuz oder einen
Totenschädel, meist trägt er rot-weiß-
rote Kleidung (Kardinal).
Es handelt sich um einen Zentralbau mit kreisrundem Grundriss, an den
drei Kapellen angebaut sind: Kapelle des Pestheiligen Karl Borromäus (mit
Hochaltar), Kapelle der Pestheiligen Franziska Romana und Kapelle des
Ignatius von Loyola (Gründer des Jesuitenordens). Ziel ist die Darstellung
der Dreiheit in der Einheit - der Kreis ist die vollkommenste geometrische
Form, er hat keinen Anfang und kein Ende und alle Punkte sind vom
Mittelpunkt gleich weit entfernt. Damit ist der Kreis Symbol der
Vollkommenheit und des Göttlichen. Die Kirche ist der erste barocke
Zentralbau Tirols, zeigt aber stark manieristische Elemente.
Besonders sehenswert ist das Kuppelfresko des Tiroler Malers Martin
Knoller (1765/66) - zum Vergrößern bitte das Bild links anklicken. Über der
Uhr ist der hl. Karl Borromäus in rot-weiß-roter Kardinalkleidung zu sehen,
der auf Christus blickt und von den drei göttlichen Tugenden umgeben ist
(Glaube - Frau in weißem Gewand mit Kreuz bzw. Hostienkelch, Liebe -
Frau in rotem Kleid mit Herz bzw. Mutter mit Kindern, Hoffnung - Frau in
grünem Kleid mit Anker). Christus thront auf Wolken und empfängt den
Heiligen Karl Borromäus.
Links schließen die zwölf Apostel mit ihren Attributen an. Auf einem
Felsen ist eine Kirche zu sehen. Petrus ist der Nachfolger von Jesus, der
erste Papst. Jesus hat zu ihm gesagt: “Du bist Petrus, auf diesen Felsen will
ich meine Kirche bauen.” Anschließend folgen ein Bischof und der hl.
Ignatius von Loyola. Darüber ist die Erhöhung des Kreuzes mit der
Gottesmutter zu erkennen.
Im Teil über der Orgel sind Heilige und Selige des Servitenordens gemalt.
Dabei ist der hl. Peregrin, der sein Bein vorstreckt. Wegen eines
Beinleidens sollte das Bein amputiert werden, doch laut Legende heilte
ihn in der Nacht davor ein Engel. Weiters sieht man eine Ordensschwester,
auf deren Oberschenkel der österreichische Erzherzogshut zu erkennen
ist. Es handelt sich um Anna Katharina Gonzaga, die zweite Gattin
Erzherzog Ferdinands II., die nach dem Tod ihres Gatten als Anna Julia in
den Servitenorden eintrat und in Innsbruck zwei Klöster an der Stelle der
heutigen SOWI-Fakutltät und das Servitenkloster in der Maria-Theresien-
Straße in Innsbruck gründete.
Es folgen die zwei Pestheiligen Sebastian (mit Pfeilen) und Rochus (mit
vorgestrecktem Fuß mit Pestwunde).
Abgeschlossen wird das Fresko vom Sturz der Irrlehrer, die der hl Michael
in die Hölle treibt. Sie sind dunkel dargestellt und fallen “aus dem
Bildrahmen heraus”. Links davon sind
noch die vier Kirchenväter gemalt.
Die beiden westlichen Kapellen
wurden 1696 (Fiegerkapelle mit der
Darstellung der Pietà von Andreas
Thamasch und dem Fresko der
Gründung des Servitenordens durch
die sieben heiligen Väter von Kaspar
Waldmann) und 1710
(Stachelburgkapelle mit Maria und
ihrer Mutter Anna sowie dem Fresko
der hl. Anna als Fürbitterin der Armen,
Kranken und Waisen von Kaspar
Waldmann) angebaut.
Interessant in der Vorhalle ist noch ein
Felsbrocken, der als “Stein des
Gehorsams” bezeichnet wird: Laut
Legende soll Dr. Hippoly Guarinoni am
Bau der Kirche mitgearbeitet haben.
Als sich ein Felsbrocken vom Abhang
löste und ein Fuhrwerk zu überrollen
drohte, soll Guarinoni ausgerufen
haben: “Bleibe stehen im Namen
Gottes!” Der Felsbrocken blieb stehen
und das Fuhrwerk konnte ungehindert
passieren. Das Deckenfresko zeigt Guarinoni als Knaben mit dem hl. Karl
Borromäus als Lehrer.
Manierismus
Stilrichtung zwischen Renaissance und
Barock, bei der es vor allem um
Verfremdung geht: gestörte Harmonie
der Proportionen, Architekturelemente
gestaucht, verkürzt oder überlängt. In
der Malerei überlange oder zu kurze
Proportionen.
Martin Knoller (1725-1804)
Geboren in Steinach am Brenner,
gestorben in Mailand. Tiroler Maler am
Übergang vom Barock zum Rokoko und
weiter zum Klassizismus.
Fresken: Benediktinerabteien
Neresheim und Ettal (Deutschland),
Pfarrkirche Anras (Osttirol), Karlskirche
Volders, Stiftskirche Gries (Bozen),
Palais Taxis (Innsbruck), Ansitz
Gerstburg (Bozen)
Altarbilder: Hochaltarbild Karlskirche in
Volders, Pfarrkirche Steinach am
Brenner, Servitenkirche in Innsbruck
und viele andere
Hl. Karl
Borromäus
Hoffnung (Anker)
und Liebe (Herz)
Apostel Petrus,
Paulus, Andreas
Servitenheilige
(li. hl. Peregrin)
Zum Vergrößern bitte anklicken
Maria
Sturz der Irrlehrer
Fresko in der
Fiegerkapelle
Fresko in de
Stachelburgkap.
Engel
Serviten (Anna
Katharina Gonzaga)
Hl. Sebastian (li.) und hl.
Rochus (re.)